Praxisfall

Mitarbeiter stürzt 4 m in die Tiefe, weil er nicht gut genug Deutsch versteht

Organisatorische und personenbezogene Schutzmaßnahmen haben einen großen Schwachpunkt: Sie greifen nur, wenn die Beschäftigten sie auch umsetzen. Eine Grundvoraussetzung hierfür ist, dass diese die entsprechenden Warn- und Sicherheitshinweise auch verstehen. Diese Anforderung gilt zunächst einmal für jede Sicherheitsunterweisung. Kulturelle Einflüsse können jedoch dafür sorgen, dass Beschäftigte nicht aktiv nachfragen, wenn sie etwas nicht verstanden haben.
Svenja Dammasch

Svenja Dammasch

22.01.2025 · 1 Min Lesezeit

In einem Nahrungsmittelbetrieb sollte ein portugiesischer Arbeitnehmer Aufräumarbeiten auf einem Zwischenboden durchführen. Da der Zwischenboden nicht durchgehend tragfähig war, hatte der Betrieb dort feste Verkehrswege mit einem einseitigen Handlauf und Schildern mit Warnhinweisen in deutscher Sprache installiert. Der Beschäftigte verließ diese Wege und stürzte durch die nicht tragfähige Fläche in die 4 m tiefer liegende Produktionshalle. Dabei hatte er Glück, dass er Teile der darunter befindlichen Produktionsanlage um wenige Zentimeter verfehlte. Dennoch verstauchte er sich die Wirbelsäule.

Was war passiert?

Der Arbeitgeber nahm an, dass der Beschäftigte gestolpert und deshalb vom gesicherten Weg abgekommen sei. Die Unfallermittlungen der zuständigen Behörde kamen jedoch zu einem anderen Ergebnis: Obwohl der Mitarbeiter bereits seit mehr als 10 Jahren in Deutschland arbeitete, sprach er schlecht Deutsch. Den vom Betrieb angebotenen Deutschkurs hatte er abgelehnt. Ein Unterweisungsnachweis lag zwar vor, die Unterweisung war jedoch auf Deutsch durchgeführt worden. Die Unfallermittler folgerten daraus, dass der Mitarbeiter die Sicherheitshinweise nicht verstanden hatte, sich aber nicht durch Nachfragen eine Blöße geben wollte.

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