Jeder Arbeitsplatz birgt Gefahrenquellen, die Sie zum Schutz Ihrer Arbeitnehmer identifizieren und mit geeigneten Maßnahmen beseitigen müssen. Nur so können Sie die gesetzlich vorgeschriebenen Regelungen zum Arbeitsschutz einhalten und für die Sicherheit ihrer gesamten Belegschaft sorgen.
Im betrieblichen Umfeld können an jedem Arbeitsplatz und jedem Arbeitsablauf spezifische Gefährdungen und Belastungen lokalisiert werden. Diese können zu Arbeitsunfällen oder zu langfristigen Erkrankungen von Mitarbeitern führen. In einem Industriebetrieb besteht zum Beispiel eine Gefahr in der unsachgemäßen Bedienung von Maschinen oder Geräten. Mitarbeiter, die mit Gefahrstoffen arbeiten, müssen sich im Gegensatz auf eine Explosionsgefährdung einstellen. Sie benötigen andere Schutzmaßnahmen als ein Angestellter im Büro.
Gemäß einer Statistik der Europäischen Statistikbehörde Eurostat ereigneten sich im Jahr 2015 in der EU über 3,2 Millionen nicht tödliche und 3.876 letale Arbeitsunfälle. Die Zahlen haben sich im weiteren Verlauf der Jahre nicht signifikant verändert und zeigen ähnlich wie die Daten der Berufsgenossenschaften das Gefahrenpotenzial am Arbeitsplatz auf.
Dieses sollte:
- durch betriebliche Arbeitsschutzmaßnahmen,
- die Dokumentation von Gefahrenquellen sowie
- die Umsetzung von Vorschriften zur Arbeitssicherheit
in jedem Betrieb auf ein Minimum reduziert werden.
Gesetzliche Vorschriften zu Gefährdungen am Arbeitsplatz
Gemäß des Arbeitsschutzgesetzes ist jeder Arbeitgeber dazu verpflichtet, die Arbeitnehmer vor Gefahren am Arbeitsplatz und im Betrieb zu schützen und somit den Gesundheitsschutz und die Arbeitssicherheit vollumfänglich zu gewährleisten.
Doch auch in der DGUV Vorschrift 1 finden sich wichtige Regelungen zum Umgang mit Gefährdungen im Betrieb. Laut den Vorschriften der DGUV besteht für jeden Arbeitgeber die Pflicht, die Arbeitsbedingungen mithilfe der Gefährdungsbeurteilung zu bewerten und niederzuschreiben. Nach der Dokumentation müssen die erforderlichen Schutzmaßnahmen identifiziert und konsequent im Unternehmen eingeführt werden.
Der Unternehmer hat durch eine Beurteilung der für die Versicherten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdungen (..) zu ermitteln, welche Maßnahmen (..) erforderlich sind.
Auszug aus der DGUV Vorschrift 1, §3 (1):
Gefährdungen am Arbeitsplatz – das sind die häufigsten Gefahrenquellen
Es gibt bekannte Gefahrenquellen am Arbeitsplatz, bei denen es verstärkt zu Unfällen oder langfristig zu Belastungen der Mitarbeiter kommt. Diese müssen vom Arbeitgeber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung rechtzeitig erkannt werden.
Hierzu zählen:
- Stolper- und Sturzunfälle, beispielsweise durch eine ungesicherte Steigleiter.
- Zusammenstöße mit Kollegen oder Maschinen, beispielsweise mit kollaborierenden Robotern.
- Brand-, Schnitt-, Kratz- oder Schürf-Verletzungen durch unsachgemäßen Gebrauch von Maschinen oder Geräten, beispielsweise bei unsachgemäßen Schweißarbeiten.
- Umfallen von Gegenständen und daraus resultierende Brüche oder Quetschungen.
- Körperliche Überlastungen durch zu schweres Heben.
- Explosionen in Atmosphären, bei denen zum Beispiel Gefahrstoffe und Sauerstoff reagieren.
- Einatmen von Gefahrstoffen wie Kohlenmonoxid, die Verätzungen, Vergiftungen oder allergische Reaktionen auslösen.
- Belastung von Mitarbeitern durch Stress, Hektik oder Mobbing und der Folge eines Burnout.
Es liegt auf der Hand, dass die unterschiedlichen Gefährdungen und Belastungen am Arbeitsplatz nicht zu 100 Prozent abgestellt werden können. Durch nachvollziehbare und durchdachte Sicherheits- und Arbeitsschutzmaßnahmen sowie eine stringente Gefährdungsbeurteilung können Gefahrenquellen gleichzeitig sichtbar gemacht werden.
In der Folge ist es für jeden Arbeitgeber möglich, diese durch Schulungen, die Dokumentation von Fehlverhalten oder durch eine Adaption der Arbeitsbedingungen wirksam zu verringern.
Die GUV-i 8700 – professionelle Beurteilung von Gefährdungen und Belastungen am Arbeitsplatz
Ein wichtiges und objektives Kompendium zur Beurteilung von Gefährdungen und Belastungen am Arbeitsplatz stellt die GUV-i 8700 dar. Der Gefährdungs- und Belastungs-Katalog, der vom Bundesverband der Unfallkassen herausgegeben und aktualisiert wird, enthält wertvolle Hinweise zur Gefährdungsbeurteilung und zum Eindämmen und Gefahrenquellen am Arbeitsplatz.
Mit einer übersichtlichen Darstellung der unterschiedlichen Gefährdungsgruppen erhalten Unternehmen eindeutige Hilfestellungen und Anhaltspunkte, welche Gefährdungen am Arbeitsplatz auftreten können und worauf bei der Gefährdungsbeurteilung besonders zu achten ist.
Gefährdungen am Arbeitsplatz – Einteilung nach Gefährdungsgruppen der GUV-i 8700
Gefährdungsgruppe | Beispiel | Schutzmaßnahme am Arbeitsplatz |
Mechanische Gefährdung | Ungeschützte, bewegliche Maschinenteile und Arbeitsmittel, zum Beispiel eine Kreissäge am Arbeitsplatz | Sicherheitsabstände zu gefährlichen Arbeitsmitteln einhalten. Gefahrstellen durch Schutzeinrichtungen ausreichend gesichert. |
Elektrische Gefährdung | Gefährliche Körperströme durch ungesicherte Elektroleitungen | Arbeitsmittel wie Maschinen dürfen ausschließlich bestimmungsgemäß genutzt werden. Regelmäßige Prüfung von elektrischen Anlagen, Arbeitsmitteln sowie Betriebsmitteln, um die Arbeitsmittelsicherheit zu gewährleisten. |
Gefahrstoffe | Giftige oder brennbare Flüssigkeiten, die Mitarbeiter einatmen oder schlucken können | Konzeption eines innerbetrieblichen Gefahrstoffverzeichnisses. Durchführen einer Gefährdungsbeurteilung und Implementierung von geeigneten Schutzmaßnahmen. |
Biologische Gefährdung | Infektionsgefahr durch Mikroorganismen, Viren oder biologische Arbeitsstoffe | Ergreifen von wirksamen Maßnahmen, um Beschäftigte vor krankheitserregenden, biologischen Stoffen zu schützen. Einhaltung der allgemeinen Hygieneregeln (essenziell für alle Betriebe während der Corona-Pandemie). |
Brand- und Explosionsgefährdung | Explosionsfähige Atmosphären, in denen Sauerstoff und Gefahrstoffe unkontrolliert reagieren | Listung, wie viele und welche leicht entzündlichen oder selbstentzündlichen Stoffe am Arbeitsplatz vorhanden sind. Kennzeichnung von Feuerlöscheinrichtungen in allen Räumen auf Basis der Brandgefährdung. |
Thermische Gefährdung | Kontakt mit heißen oder kalten Medien ohne ausreichenden Schutz | Kennzeichnung von heißen und kalten Medien im Betrieb. Welche Schutzmaßnahmen (z. B. Isolierungen, trennende Schutzeinrichtungen) werden eingesetzt. |
Gefährdung durch spezielle physikalische Einwirkungen | Lärm am Arbeitsplatz, der die Vorschriften des Gesundheitsschutzes übertrifft | Maßnahmen, um als Lärm empfundene Geräusche auf den niedrigsten Pegel zu senken. Ermittlung von Lärmbereichen und Implementierung geeigneter Maßnahmen. |
Gefährdung durch Arbeitsumgebungs-bedingungen | Fehlerhafte Raumtemperatur, unzureichende Belüftung, Tabakrauch oder Zugluft in geschlossenen Räumen | Geeignete Maßnahmen, die sicherstellen, dass die Mindestwerte für Raumtemperatur und relative Raumtemperatur den Mindestwerten der Arbeitsstätten-Richtlinie Raumtemperaturen (ASR 6) entsprechen. Schutzmaßnahmen, um den Schutz von Nichtrauchern und Besuchern im Betrieb zu gewährleisten. |
Physische Belastungen | Fehlerhafte Arbeitsorganisation, die zu Belastungen durch zu viel oder zu schwere Arbeit führt | Schwere dynamische Ganzkörperarbeit grundsätzlich auf das erforderliche Mindestmaß reduzieren. Grenzwerte für stillende oder werdende Mütter einhalten. |
Psychische Faktoren | Psychische Belastungen durch unvollständige Tätigkeitsstrukturen oder eine zu hohe Komplexität von Aufgaben | Verhinderung der quantitativen Überforderung von Mitarbeitern durch Zeitdruck oder Informationsüberflutung. Regelmäßige Schulung zu Arbeitsbedingungen und Arbeitsaufgaben. |
Organisation | Unzureichende Planung der Arbeitszeiten und Missachtung des Arbeitsschutzgesetzes in Bezug auf Arbeits- und Pausenzeiten | Arbeitszeiten proaktiv planen und die Arbeitsschutzgesetze einhalten. Geeignete Pausenräume anbieten, in denen Pausenzeiten eingehalten werden können. |
Sonstige Gefährdungen | Zum Beispiel Eignung der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) | Einweisung in die persönliche Schutzausrüstung (z. B. Schutzhelm) und ein regelmäßiges Follow-up. Einhalten der Verwendungsfristen für PSA (zum Beispiel Schutzmasken). |
Die GUV-i 8700 kann zusammenfassend als professioneller Leitfaden bezeichnet werden, der Arbeitgeber anleitet, Gefährdungen und Belastungen im Unternehmen zu erkennen. Sie enthält Verweise zu korrespondierenden Gesetzen, Vorschriften und Richtlinien. Durch Sichtung und Beachtung der GUV-i 8700 können innerbetriebliche Maßnahmen eingeleitet werden, um Gefahren und Belastungen zu reduzieren oder umfassend zu beseitigen.
Darüber hinaus ist die GUV-i 8700 ein wirkungsvolles Instrument für Arbeitgeber, um der im Arbeitsschutzgesetz im § 6 (ArbSchG) beschriebenen Dokumentationspflicht nachzukommen.
Im Gesetzestext heißt es wörtlich:
Der Arbeitgeber muss über die je nach Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten erforderlichen Unterlagen verfügen, aus denen das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung, die von ihm festgelegten Maßnahmen des Arbeitsschutzes und das Ergebnis ihrer Überprüfung ersichtlich sind.
Weitere Maßnahmen zur Reduktion von Gefährdungen am Arbeitsplatz
Die Arbeitssicherheit ist eines der wichtigsten und relevantesten Felder im betrieblichen Umfeld. Um die Gefährdungen am Arbeitsplatz wirkungsvoll und nachhaltig zu reduzieren, ist es essenziell, einheitliche Bestimmungen und Vorgaben im Betrieb zu implementieren und umzusetzen.
Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) gibt das Kompendium „Handbuch – Gefährdungsfaktoren“ heraus, dass sich, ähnlich wie die GUV-i 8700, mit Gefahren am Arbeitsplatz beschäftigt und Hilfen für den Arbeitsschutz darstellt.
Die BAuA empfiehlt gleichzeitig, Checklisten aufzubauen, die die folgenden Punkte behandeln und beantworten:
- Gefährdungsbeurteilungen innerbetrieblich vorbereiten
- Gefährdungsfaktoren objektiv identifizieren und Risiken bewerten
- Maßnahmen definieren, umsetzen und überprüfen
- Gefährdungsbeurteilungen fortschreiben
Entsteht im Unternehmen ein nachvollziehbarer Kreislauf, in dem Gefährdungsbeurteilungen für Arbeitsplätze fortlaufend aktualisiert und Maßnahmen umgesetzt werden, wird nicht nur den Vorgaben des Arbeitsschutzgesetzes Genüge getan.
Gleichzeitig entsteht im Betrieb ein wirksames Gefährdungsmanagement, dass Unfälle oder Belastungen auf ein Minimum reduziert. Dies führt zu mehr Effizienz und zu einer erhöhten Motivation der Beschäftigten.
Zusammenfassung und Fazit
Gefährdungen am Arbeitsplatz lassen sich durch ein fortlaufendes Gefährdungsmanagement eindämmen
Arbeitsunfälle und Belastungen gehören zum betrieblichen Alltag. Unfälle oder negative Auswirkungen auf die psychische und physische Gesundheit sowie Sicherheit der Mitarbeiter können nicht ausgeschlossen werden. Sie werden durch die betrieblichen Arbeitsabläufe und Tätigkeiten beeinflusst und sind in Bezug auf ihr Gefahrenpotenzial individuell. Stolperfallen im Betrieb, eine fehlerhaft verankerte Steigleiter, Gefahrstoffe wie Kohlenmonoxid oder Unfälle bei Schweißarbeiten sind einige von unzähligen Gefahrenquellen.
Betriebe handeln zielführend, wenn sie diesen Gefahrenquellen wirksame Sicherheits- und Arbeitsschutzmaßnahmen sowie eine fortlaufende Gefährdungsbeurteilung gegenüberstellen. Die Informationen der GUV-i 8700 oder der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin können Unternehmen in Bezug auf die Implementierung von Maßnahmen für Sicherheits- und Schutzkonzepte unterstützen.
Sie geben der verantwortlichen Fachkraft für Arbeitssicherheit die Gewähr, bei der Durchführung und Umsetzung innerbetrieblicher Vorschriften für Arbeitssicherheit professionelle Vorlagen nutzen zu können.
Durch dieses Vorgehen beachten Unternehmen die gesetzlichen Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes und fokussieren sich gleichzeitig auf ihre Fürsorgepflicht für die Beschäftigten.
FAQ: Fragen und Antworten zu Gefahren und Gefährdungen am Arbeitsplatz
Die Gründe für Arbeitsunfälle sind divergent und hängen eng mit dem spezifischen Arbeitsplatz und dessen Rahmenbedingungen zusammen. Trotzdem können wesentliche Anlässe oder Gefahrenquellen für Arbeitsunfälle extrahiert werden. Hierzu zählen unter anderem Stolper- und Sturzunfälle, die in nahezu jedem Arbeitsbereich vorkommen können. Ebenfalls vielfach in Statistiken erwähnt werden Zusammenstöße am Arbeitsplatz oder Brand-, Schnitt-, Kratz- oder Schürverletzungen durch unsachgemäßen Gebrauch von Maschinen oder Geräten.
Die GUV-i 8700 ist aus Arbeitgebersicht ein umfassender Leitfaden zur Prävention von Arbeitsunfällen. Die GUV-i 8700 gibt Arbeitgebern Hinweise und Tipps, um Gefährdungen und Belastungen im Unternehmen zu erkennen. Darüber hinaus enthält sie Verweise zu wichtigen Gesetzen und Richtlinien, die im Betrieb beachtet werden müssen. Die GUV-i 8700 ist aus diesem Grund wie eine Blaupause, die Unternehmen hilft, Gefährdungslagen zu erkennen und geeignete Maßnahmen zur Minimierung zu ergreifen.
In vielen Berufsfeldern ist es wichtig, Schutzkleidung oder Schutzausrüstung zu tragen. Ein Bauarbeiter im Tiefbau ist ohne seinen Helm nicht vorstellbar. Ebenso verhält es sich mit einem Lackierer, der ohne Atemschutz nicht tätig sein kann. „PSA“ steht als allgemeingültige Abkürzung für die „Persönliche Schutzausrüstung.“ Aus betrieblicher Sicht ist es wichtig, die Mitarbeiter fortlaufend im Gebrauch ihrer PSA zu schulen. Durch die PSA können Arbeitsunfälle wirksam und nachweislich verhindert und die Sicherheit am Arbeitsplatz erhöht werden.